Fotomontage: Reichstagsgebäude + AKW.

Stromriesen: Bund soll Abriss finanzieren

 

20.05.2014 |  Geht es nach den Atom­kraft­werks­be­trei­bern E.on, RWE und En­BW, dann soll die All­ge­mein­heit für den Ab­riss der Atom­kraft­wer­ke be­zah­len. Wie das Nach­rich­ten­ma­ga­zin DER SPIE­GEL in der ver­gan­ge­nen Wo­che be­rich­te­te, wol­len die drei Atom­bos­se Jo­han­nes Teyssen (E.on), Pe­ter Te­ri­um (RWE) und Frank Mas­ti­aux (En­BW) ihr ris­kan­tes Atom­ge­schäft ein­schlie­ß­lich der Atom­kraft­wer­ke dem Bund über­tra­gen.

 

Die Atom­kraft­wer­ke sol­len nach die­sen Plä­nen in ei­ne öf­fent­lich-recht­li­che Stif­tung über­führt wer­den – ei­ne Art en­er­gie­wirt­schaft­li­cher »Bad Bank«. Die Stif­tung soll sie bis zur Ab­schal­tung der letz­ten Re­ak­to­ren im Jahr 2022 be­trei­ben und da­nach für den kost­spie­li­gen Ab­riss der Atom­kraft­wer­ke und die La­ge­rung des ra­dio­ak­ti­ven Atom­mülls auf­kom­men.

 

Ge­hö­ren soll die Stif­tung der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Die Atom­kraft­werks-Be­trei­ber wol­len in die­se Stif­tung ih­re rund 35 Mil­li­ar­den Eu­ro Rück­la­gen ein­brin­gen, die sie bis­her für den Ab­riss der Atom­mei­ler und für die Ent­sor­gung der ra­dio­ak­ti­ven Ab­fäl­le bil­den muss­ten. Im Ge­gen­zug wür­de der Bund zum Be­trei­ber der Atom­kraft­wer­ke und sämt­li­che Ri­si­ken über­neh­men, die heu­te noch auf den Strom­kon­zer­nen las­ten.

 

Das wür­de den Atom­kon­zer­nen so pas­sen: Jahr­zehn­te­lang ha­ben sie die Mil­li­ar­den­ge­win­ne aus den Atom­mei­lern pri­va­ti­siert, jetzt sol­len die Ri­si­ken auf uns al­le ab­ge­wälzt wer­den.

 

Jetzt Ap­pell ge­gen den fau­len Atom-Deal un­ter­zeich­nen…

Der Vor­schlag, die Rück­stel­lun­gen für Ab­riss und Ent­sor­gung in ei­ne Stif­tung oder ei­nen Fonds zu über­füh­ren ist durch­aus ver­nünf­tig. Es ist ei­ne al­te For­de­rung der An­ti-Atom-Be­we­gung, den Atom­kon­zer­nen die­ses Geld weg­zu­neh­men und sie in ei­nem öf­fent­lich-recht­li­chen Fonds zu si­chern, da­mit das Geld auch dann noch zur Ver­fü­gung steht, wenn ein Atom­kraft­werks­be­trei­ber plei­te geht. Na­tür­lich wür­de man die Ent­sor­gungs-Rück­stel­lun­gen nach un­se­rem Vor­schlag nicht von heu­te auf mor­gen kom­plett in ei­nen öf­fent­lich-recht­li­chen Fonds über­füh­ren, son­dern schritt­wei­se über ei­nen län­ge­ren Zeit­raum.

 

Doch nach die­sem Mo­dell müss­ten die Atom­kon­zer­ne trotz­dem noch zah­len, wenn das Geld in dem Fonds nicht aus­rei­chen soll­te – was als si­cher gel­ten kann. Ge­nau das wol­len Eon, RWE und En­BW aber ver­mei­den, sie wol­len mit dem Bad-Bank-Deal künf­ti­ge Kos­ten­ri­si­ken aus­schlie­ßen.

 

Die Ent­sor­gungs-Rück­stel­lun­gen der Strom­kon­zer­ne:

  • Eon: 14, 6 Milliarden Euro
  • RWE: 10,2 Milliarden Euro
  • EnBW: 7,6 Milliarden Euro
  • Vattenfall: 3,4 Milliarden Euro

 (Quelle: BMU)

 

Jahr­zehn­te­lang hat­ten die Strom­kon­zer­ne durch die Ent­sor­gungs-Rück­stel­lun­gen gro­ße Vor­tei­le: Fi­nan­ziert wur­den die Rück­stel­lun­gen durch ei­nen Auf­schlag auf den Strom­preis von den Strom­ver­brau­chern. Die Rück­stel­lun­gen wa­ren weit­ge­hend steu­er­frei, konn­ten aber wie ganz nor­ma­le Ge­win­ne in al­le mög­li­chen Geld­an­la­gen in­ves­tiert wer­den. Da­durch spar­ten die Kon­zer­ne nicht nur Steu­ern, sie muss­ten auch we­ni­ger Kre­di­te auf­neh­men. Mit dem Geld konn­ten die Kon­zer­ne im Grun­de ma­chen was sie woll­ten. Sie in­ves­tier­ten es in Koh­le­kraft­wer­ke, Fir­men­auf­käu­fe oder in Be­tei­li­gun­gen an an­de­ren Un­ter­neh­men. Doch wenn die­se Geld­an­la­gen an Wert ver­lie­ren, kön­nen die Kon­zer­ne das Geld un­ter Um­stän­den gar nicht für die Ent­sor­gung des Atom­mülls be­reit stel­len. Wie der SPIE­GEL be­rich­tet kön­nen der­zeit nur Eon und En­BW das Geld di­rekt in ei­ne Stif­tung ein­zah­len, RWE müss­te da­zu erst ei­ne Ka­pi­tal­er­hö­hung vor­neh­men.

 

Atom-Rück­bau teu­rer als be­haup­tet

Als die Wie­der­auf­be­reits­an­la­ge in Karls­ru­he (WAK) zu­rück­ge­baut wur­de, ver­drei­fach­ten sich die Kos­ten. An den Steu­er­zah­ler/in­nen blie­ben mehr als 80 Pro­zent der Kos­ten hän­gen. Die Kos­ten für die Ber­gung und Si­che­rung des Atom­mülls in dem ab­ge­sof­fe­nem »Ver­suchs-End­la­ger« in der As­se wur­den 2009 auf 2,4 Mil­li­ar­den Eu­ro ver­an­schlagt, 2010 dann auf 4 Mil­li­ar­den Eu­ro. Auf­kom­men da­für soll al­lein der Bund, so ha­ben es CDU/CSU und SPD im Atom­ge­setz ver­an­kert. Wo im­mer Atom­an­la­gen zu­rück­ge­baut wer­den soll­ten – es wur­de stets viel teue­rer als ge­dacht. Kein Wun­der, dass die Kon­zer­ne uns für Ih­ren Müll zah­len las­sen wol­len.

 

Laut SPIE­GEL sol­len da­zu be­reits in Kür­ze ge­hei­me Ver­hand­lun­gen zwi­schen der Bun­des­re­gie­rung und den Strom­kon­zer­nen statt­fin­den. Die Kon­zer­ne ver­su­chen die Bun­des­re­gie­rung da­mit zu lo­cken, dass sie ver­schie­de­ne Ent­schä­di­gungs-Kla­gen in Hö­he von 15 Mil­li­ar­den Eu­ro ge­gen die Bun­des­re­gie­rung zu­rück­zie­hen wür­den, wenn die Re­gie­rung sich auf den skan­da­lö­sen Deal ein­lässt.

 

Bun­des­kanz­le­rin An­ge­la Mer­kel sagt zwar, sie wol­le ei­ne ein­sei­ti­ge Ver­la­ge­rung der Ri­si­ken »nicht mit­ma­chen«. Zu­gleich kün­dig­te sie aber Ge­sprä­che mit den Kon­zer­nen »über das The­ma der Kern­kraft­wer­ke und ih­rer Alt­las­ten« an. Jetzt wol­len wir für ei­ne öf­fent­li­che Wel­le des Pro­tests sor­gen. Da­mit sich die Re­gie­rung kei­nen schmut­zi­gen Deal aus­han­delt und end­lich die Ent­sor­gungs-Rück­stel­lun­gen in ei­nem öf­fent­lich-recht­li­chen Fonds si­chert.

 

Quelle: Campact



 

Wer liest hier gerade?

Aktuell sind 14 Gäste und keine Mitglieder online

.ausgestrahlt

Blog-Beträge auf .ausgestrahlt
  • „Es ist absolut unverantwortlich, hier Uranbergbau zu betreiben“

    Nouhoum Keïta ist Journalist und Radiomacher sowie Mitbegründer der Organisation „Action solidarité pour les 21 villages de la commune de Faléa“, die den Bau einer Uranmine in Faléa verhindern konnte.

  • Verschweigen, abstreiten, kleinreden: Die Atom-Fabrik Lingen und der Erörterungstermin

    Die Diskussionen auf dem Erörterungstermin zum geplanten Ausbau der Lingener Brennelementefabrik zeigten erneut, mit welcher Naivität die Betreiber Framatome / ANF dem Kreml-Konzern Rosatom den roten Teppich ausrollen. Wo die Konzernvertreter kritischen Fragen nicht auswichen, mussten sie erschreckende Sicherheitslücken zugeben. Nicht einmal Sprengstoff-Attacken konnten sie ausschließen. Auch der ehemalige technische Leiter des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja warnte eindringlich vor den Gefahren einer Kooperation mit Rosatom.

  • OLEG DUDAR: Argumente gegen Rosatom

    Oleg Dudar beschreibt aus eigener Erfahrung, wie Rosatom an der Eroberung und Besetzung des ukrainischen AKW Saporischschja beteiligt. Dieses Statement wurde im Rahmen des Erörterungstermins zur Erweiterung der Brennelementefabrik Lingen unter Beteiligung der russischen Atombehörde Rosatom verlesen.

  • Holt den Müll raus!

    Das Wasser in der Asse macht erneut deutlich, dass die Zeit für die Bergung des dort abgekippten Atommülls drängt. Diese muss höchste Priorität haben. Der Streit um das nötige Zwischenlager sollte davon nicht ablenken.

  • Standortsuche „Endlager“: Abschied von der weißen Landkarte?

    Es ruckelt gehörig bei der Suche nach einem sogenannten Endlager für den hochradioaktiven Atommüll. Spätestens seitdem die mit der Suche beauftragte Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) bekannt gegeben hat, dass die im Gesetz vorgesehenen Zeitfenster nicht eingehalten werden können, ist das allen klar.

  • Herbstliche Putin-Festspiele

    Ende November muss sich die Atomfabrik Lingen erstmals öffentlich der Kritik an ihrem Kooperationsprojekt mit dem Kreml-Konzern Rosatom stellen – auch wenn sie genau darüber nicht reden will.

Redaktion

 
 

Cookies